Gibt es ein ›föderales Selbstbestimmungsrecht‹? Falls ja: Welchen Inhalt hat es? Steht es in der Mitte zwischen dem Sezessionsrecht und dem ›inneren Selbstbestimmungsrecht‹, oder ist es Teil des letzteren? Oder soll es vielleicht nur die Verweigerung der Selbstbestimmung verhüllen? Um diese Fragen zu beantworten, müsste man eigentlich zunächst den Begriff der Selbstbestimmung definieren und seine verschiedenen Formen und Durchsetzungsmöglichkeiten untersuchen. Letztlich würde dies auf die Beschreibung der Völkerrechtsgeschichte im 20. Jahrhundert hinauslaufen,- denn die Entfaltung des Denkens über die Selbstbestimmung ist aufs engste mit den zentralen Problemen des Friedens, der Menschenrechte und der Organisation der Völkerrechtsgemeinschaft verknüpft, die in den letzten neun Jahrzehnten aus den verschiedensten Blickwinkeln im Rahmen eines deutlich sichtbaren Prozesses der Bewusstseinsentfaltung untersucht worden sind. Doch interessieren hier nicht die Einzelheiten. Vielmehr kann der gegenwärtige Stand der Rechtsentwicklung in der Feststellung zusammengefasst werden, dass das Selbstbestimmungsrecht tatsächlich eine Völkerrechtsnorm ist - nicht nur ein Prinzip oder ein politisches Schlagwort -, dass es sich nicht auf die Entkolonisierung beschränkt, und das es nicht Staaten, sondern Völkern und Volksgruppen zusteht.