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UNDP-Pressemitteilung: "Die am meisten marginalisierten immer noch zurückgelassen von den globalen Entwicklungsprioritäten"

Am 21. März 2017 veröffentlicht das UN-Entwicklungs-programm den Bericht über die menschliche Entwicklung 2016 unter dem Titel "Menschliche Entwicklung für Alle". Die DGVN veröffentlicht eine deutsche Kurzfassung des Berichts und stellt diesen am 27. März 2017 in einer Pressekonferentz in Berlin vor. Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass Millionen Menschen derzeit noch nicht von Fortschritten in der menschlichen Entwicklung profitieren und die Kluft größer zu werden droht, wenn Entwicklungshindernisse wie Diskriminierung und ungleiche politische Teilhabe nicht angegangen werden.

Helen Clark bei der Präsentation des Berichts (© HDR Office, UNDP/flickr)
Helen Clark bei der Präsentation des Berichts (© HDR Office, UNDP/flickr)

GLOBALE PRESSEMELDUNG – BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG 2016

Die am meisten marginalisierten immer noch zurückgelassen von den globalen Entwicklungsprioritäten: Neuer UNDP-Bericht

Millionen Menschen profitieren derzeit noch nicht vom Fortschritt und die Kluft droht größer zu werden, wenn tief sitzende Entwicklungshindernisse, darunter Diskriminierung und ungleiche politische Teilhabe, nicht angegangen werden.

 

Stockholm, 21. März 2017 – Ein Vierteljahrhundert beeindruckender Fortschritte bei der menschlichen Entwicklung lässt weiterhin dennoch zahlreiche Menschen zurück, die von systemischen, oft nicht erfassten Hindernissen zum Aufschließen betroffen sind. Um eine nachhaltige Entwicklung für alle zu ermöglichen, ist ein stärkerer Fokus auf diejenigen, die ausgeschlossen sind, und auf Maßnahmen, die diese Hindernisse abbauen, dringend nötig.

Das sind die Ergebnisse des Berichts über die menschliche Entwicklung 2016 unter dem Titel “Menschliche Entwicklung für Alle“, der heute vom UN-Entwicklungsprogramm (UNDP) veröffentlicht wurde.

Der Bericht stellt fest, dass ungeachtet davon, dass die durchschnittliche menschliche Entwicklung über alle Regionen hinweg von 1990 bis 2015 signifikant gestiegen ist, weltweit weiterhin einer von drei Menschen in einem Zustand niedriger menschlicher Entwicklung lebt, wie sie mit dem Index der menschlichen Entwicklung (Human Development Index, HDI) gemessen wird.

Bericht über die menschliche Entwicklung 2016

Hier können Sie die von der DGVN herausgegebene deutschsprachige Kurzfassung des Berichts über die menschliche Entwicklung 2016 herunterladen.

“Niemanden zurückzulassen muss der Weg des Handels sein, den wir als globale Gemeinschaft gehen. Um die Hindernisse zu überwinden, die sowohl menschliche Entwicklung als auch Fortschritt bei den Zielen für nachhaltige Entwicklung erschweren, muss Inklusivität unsere Politikentscheidungen leiten”, sagte der schwedische Premierminister Stefan Löfven heute bei der Vorstellung des Berichts in Stockholm, bei der er zusammen mit UNDP-Administratorin Helen Clark und dem leitenden Autor des Berichts und Direktor des Büros für den Bericht über die menschliche Entwicklung, Selim Jahan, sprach.

Pressekonferenz zur Vorstellung des Berichts über die menschliche Entwicklung27. März 2017, 13:15, Bundespressekonferenz, Berlin

Die DGVN lädt am 27. März 2017 um 13:15 zur Vorstellung des Berichts in das Haus der Bundespressekonferenz in Berlin ein. Der Bericht wird vorgestellt durch:

  • Selim Jahan, Direktor des Büros für den Bericht über die menschliche Entwicklung, UN-Entwicklungsprogramm (UNDP) und leitender Autor des Berichts
  • Thomas Silberhorn, MdB, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Weitere Informationen zu der Pressekonferenz finden Sie hier. Bei Teilnahme an der Pressekonferenz bitten wir um vorherige Anmeldung.

“Die Welt hat einen weiten Weg zurückgelegt bei der Verringerung extremer Armut, bei der Verbesserung des Zugangs zu Bildung, Gesundheit und sanitären Anlagen, und bei der Ausweitung der Chancen für Frauen und Mädchen”, sagte Helen Clark. “Diese Fortschritte sind ein Auftakt für die nächste, womöglich noch schwierigere Aufgabe: sicherzustellen, dass die Nutzen des globalen Fortschritts jeden erreichen.”

Dies betrifft auch entwickelte Länder, in denen Armut und Ausgrenzung ebenfalls eine Herausforderung sind – mit mehr als 300 Millionen Menschen, darunter über ein Drittel aller Kinder, die in relativer Armut leben.

 

Zurückgelassen und außerstande aufzuholen: systemische Diskriminierung u.a. gegen Frauen, indigene Völker und ethnische Minderheiten

Der Bericht legt dar, dass nicht nur weiterhin große Deprivationen bestehen, sondern dass Benachteiligungen verschiedene Gruppen unterschiedlich stark treffen.

"Wir legen zu viel Aufmerksamkeit auf nationale Durchschnittswerte, die oft enorme Variationen in den Lebenswirklichkeiten der Menschen verdecken”, erklärte Selim Jahan. “Um voranzukommen, müssen wir nicht nur untersuchen, was erreicht worden ist, sondern auch wer davon ausgeschlossen gewesen ist und warum.”

So zeigt der Bericht auf, dass in nahezu jedem Land, bestimmte Gruppen Benachteiligungen erfahren, die sich häufig überschneiden und gegenseitig verstärken. Sie erhöhen die Verletzlichkeit, manifestieren die Kluft bei erreichten Fortschritten über Generationen hinweg und erschweren es, den Gruppen aufzuholen, während die restliche Welt vorangeht.

Interview mit Selim Jahan

Es besteht die Möglichkeit, am 27. März 2017 in Berlin Interviews mit Selim Jahan, Direktor des Büros für den Bericht über die menschliche Entwicklung beim UN-Entwicklungsprogramm, zu führen. Bei Interesse an einem Interviewtermin melden Sie sich bitte bei Oliver Hasenkamp:
hasenkamp@dgvn.de, 030 25 93 75-11.

Frauen und Mädchen, Bewohnerinnen und Bewohner ländlicher Regionen, indigene Völker, ethnische Minderheiten, Menschen mit Behinderungen, Migrantinnen und Migranten und Flüchtlinge und die LGBTI-Gemeinschaft sind unter denen, die systematisch ausgeschlossen werden durch Hindernisse, die nicht nur wirtschaftlicher, sondern auch politischer, sozialer und kultureller Natur sind.

Mit Blick auf Frauen, der größten dieser Gruppen, zeigt der Bericht, dass obwohl weltweite Disparitäten zwischen den Geschlechtern sich langsam leicht verringern,  langjährige Muster von Ausgrenzung und Mangel an Ermächtigung von Frauen und Mädchen drängende Herausforderungen bleiben.

Frauen neigen immer joch dazu, ärmer zu sein, weniger zu verdienen und weniger Möglichkeiten in den meisten Lebensbereichen zu haben als Männer. In 100 Ländern sind Frauen rechtlich aufgrund ihres Geschlechts von bestimmten Berufen ausgenommen, in 18 Ländern benötigen Frauen die Zustimmung ihres Ehemanns, um zu arbeiten, gefährliche Praktiken wie weibliche Genitalverstümmelung und Zwangsheiraten bestehen fort.

Bevölkerungen, die in ländlichen Gegenden leben, begegnen ebenfalls vielfachen Hindernissen. Zum Beispiel ist die Wahrscheinlichkeit bei Kindern aus armen ländlichen Haushalten, die eine Schule besuchen, geringer, dass sie lesen, schreiben und rechnen lernen.

Darüber hinaus begegnen Migrantinnen und Migranten sowie Flüchtlinge häufig Hindernisse beim Zugang zu Arbeit, Bildung und politischer Partizipation. Außerdem sind mehr als 250 Millionen Menschen in der Welt von Diskriminierung aufgrund ihrer ethnischen Herkunft betroffen, wie der Bericht neben anderen Beispielen aufführt.

 

Es ist an der Zeit, tief sitzende Entwicklungshemmnisse anzugehen

“Durch die Beseitigung tief sitzender, hartnäckiger, diskriminierender sozialer Normen und Gesetze, und dem Vorgehen gegen ungleichen Zugang zu politischer Teilhabe, die Fortschritte für so viele beeinträchtigt haben, kann Armut ausgelöscht werden und eine friedliche, gerechte und nachhaltige Entwicklung für alle erreicht werden”, sagte Helen Clark.

Marginalisierte Gruppen haben oft begrenzte Möglichkeiten, die Institutionen und die Politik zu beeinflussen, welche ihr Leben bestimmen. Dies zu ändern, ist grundlegend dafür, den Teufelskreis von Ausgrenzung und  Deprivation zu brechen.

Indigene Völker machen beispielsweise 5% der Weltbevölkerung, aber 15% der Menschen, die in Armut leben aus. Und Angehörige der LGBTI-Gemeinschaft können nicht aktiv für ihre Rechte eintreten, wenn gleichgeschlechtlicher Geschlechtsverkehr zwischen Männern in mehr als 70 Ländern illegal ist.

Der Bericht ruft dazu auf, deutlich größere Aufmerksamkeit auf die Ermächtigung der am meisten Marginalisierten in der Gesellschaft zu legen, und erkennt die Wichtigkeit, ihnen eine bedeutendere Stimme in Entscheidungsprozessen zu geben.

Der Bericht fordert außerdem eine tiefergehende Analyse, um informiertes Handeln zu ermöglichen, darunter eine Verschiebung dahin, dass Fortschritt auch in Feldern wie Partizipation und Selbstständigkeit gemessen wird. Daten, aufgeteilt nach Charakteristika wie Ort, Geschlecht, soziökonomischen Status und ethnischer Zugehörigkeit, sind entscheidend, um zu wissen, wer zurückgelassen wird.

Darüber hinaus warnt der Bericht, dass zentrale Entwicklungsmetriken Fortschritte überbewerten können, wenn sie auf Quantität anstatt Qualität von Entwicklung fokussieren. Beispielsweise hat sich die Zahl der Grundschulbesuche von Mädchen zwar erhöht, aber dennoch kann in der Hälfte der 53 Entwicklungsländer, für die Daten vorhanden sind, die Mehrheit der erwachsenen Frauen, die vier Jahre Grundschulbildung genossen haben, nicht lesen.

 

Menschliche Entwicklung für Alle ist erreichbar

“Trotz der Kluft bei den Fortschritten ist universelle menschliche Entwicklung erreichbar”, sagt Selim Jahan. “Über die vergangenen Jahrzehnte haben wir Erfolge in der menschlichen Entwicklung erlebt, die einst als unmöglich galten.”

Seit 1990 ist eine Milliarde Menschen aus der extremen Armut ausgebrochen, und die Ermächtigung von Frauen ist zu einem gesellschaftlichen Thema geworden: während noch in den 1990er-Jahren sehr wenige Länder Frauen gesetzlich vor häuslicher Gewalt schützten, tun dies heute 127 Länder.

Der Bericht betont die Wichtigkeit davon, dass die Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung auf diese Erfolge aufbaut, und macht deutlich, dass die Ansätze der Agenda und der menschlichen Entwicklung sich gegenseitig verstärken.

Der Bericht beinhaltet Vorschläge zur  Neuausrichtung von politischen Maβnahmen, um sicherzustellen, dass Fortschritt auch diejenigen erreicht, die am weitesten zurückgeblieben sind, und regt Reformen der globalen Märkte und globaler Institutionen an, um diese gleicher und repräsentativer zu machen.

 

Hier können Sie die deutschsprachige Fassung der globalen Pressemeldung herunterladen.


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