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Die Privatisierung der Sicherheit – Wer macht die Regeln?

Die Geschäfte privater Sicherheits- und Militärfirmen boomen: Weltweit werden private Sicherheitsdienstleister zunehmend für zum Teil hochspezialisierte Tätigkeiten in Krisengebieten eingesetzt. Dabei werden auch gravierende Menschenrechtsverletzungen verübt.

Funktionierende nationale wie internationale Regelungen gibt es aber bis heute kaum. Staaten privatisieren zwar zunehmend ihre Aufgaben, nicht aber die damit einhergehenden Pflichten. Allein in Deutschland hat die Aufnahme von Geflüchteten, insbesondere im Jahr 2015, und die Unterbringung der AsylbewerberInnen in Flüchtlingsheimen für eine Sonderkonjunktur der Branche gesorgt. Während es in Deutschland noch überwiegend um klassischen Objekt- und Werkschutz geht, werden private Sicherheitsfirmen aber beispielsweise auch zur Bewachung militärischer Einrichtungen in Krisengebieten eingesetzt. Vorfälle wie der Blackwater Skandal, bei dem MitarbeiterInnen einer amerikanischen Sicherheitsfirma im Jahr 2007 im Irak 17 unbewaffnete ZivilistInnen töteten, zeigen schwere Lücken in Bezug auf Einsatzrichtlinien, juristische Zuständigkeiten sowie den Schutz vor Menschenrechtsverletzungen auf.

Die immer größer werdende Rolle, die private Sicherheitsfirmen in bewaffneten Konflikten – vor allem im Irak und Afghanistan, zunehmend aber auch auf dem afrikanischen Kontinent und im lateinamerikanischen Raum – spielen, stellt die internationale Staatengemeinschaft vor Herausforderungen. Dazu zählt einerseits der Umgang mit nichtstaatlichen Akteuren wie lokalen Selbstverteidigungsgruppen, ethnischen Milizen und Warlords, die in Konfliktgebieten zusammenbrechender Staatlichkeit das Gewaltmonopol übernehmen. Andererseits delegieren zunehmend auch demokratische Staaten, internationale Organisationen und Konzerne Sicherheitsaufgaben an private Unternehmen, für deren Personal es bislang kaum klar definierte Vorschriften oder Ausbildungsanforderungen gibt. Allein in der Europäischen Union (EU) sind rund 40.000 private Sicherheitsunternehmen registriert, deren Dienstleistungsportfolio von der Entwicklung von Militärtechnologie über die Bewachung von Gefängnissen bis hin zum bewaffneten Schutz von EU-Delegationen und -Missionen in Drittländern reicht.

Die private Sicherheitsindustrie im Fokus der Staatengemeinschaft

Angesichts dieser Entwicklung rief der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (UN) im Oktober 2010 die zwischenstaatliche Arbeitsgruppe für private Sicherheits- und Militärfirmen ins Leben (Resolution 15/26). Ihre Aufgabe besteht bis heute darin, einen international gültigen, rechtsverbindlichen Vertrag für die Regulierung und Aufsicht privater Sicherheitsakteure zu entwickeln. Dabei stehen insbesondere Menschenrechtsverletzungen durch diese im Fokus der Arbeitsgruppe. Wann immer Personen Opfer von Misshandlungen durch private Sicherheitsakteure werden – z.B. in Hafteinrichtungen oder Gefangenenlagern – müssen Rechenschaftspflichten implementiert und schnelle Abhilfen garantiert werden. Dies gilt insbesondere für Gebiete, in denen die Rechtsstaatlichkeit durch Bürgerkriege oder sonstige Konflikte gefährdet ist.

Vorschläge für Regulierungsmaßnahmen sind Mangelware

Doch wie kann die Regulierung und Aufsicht privater Sicherheitsakteure auf Staatenebene durchgesetzt werden? Da der Menschenrechtsrat der UN selbst keine rechtlich bindenden Beschlüsse fassen kann, kommt auf dem europäischen Kontinent der EU eine Schlüsselrolle bei dieser Aufgabe zu. Als Mitglied der Arbeitsgruppe für private Sicherheits- und Militärfirmen ist sie maßgeblich für die Umsetzung der dort beschlossenen Maßnahmen in ihren Mitgliedstaaten verantwortlich.

In ihrer Erklärung zur 6. Sitzung der Arbeitsgruppe vom 22. Mai 2017 befürwortet die EU-Delegation einen „vielschichtigen Ansatz, der die Komplexität der privaten Sicherheitsindustrie widerspiegelt“ und auf den bisherigen Regulierungsansätzen wie dem Montreux Dokument beruht. Konkrete Vorschläge für Regulierungsmaßnahmen finden sich darüber hinaus hingegen kaum. Als möglichen Ansatz schlägt die Delegation vor, eine offene Liste von Auftragnehmern zu erstellen, die den EU-Standards in Bezug auf Transparenz, Lizenzen, strenge Personalüberprüfungen und der Einhaltung des internationalen Verhaltenskodex für private Sicherheitsfirmen entsprechen. Dieser verpflichtet Unternehmen auf freiwilliger Basis, bei der Erfüllung ihrer Aufgaben in Konfliktgebieten die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht zu achten. Dieser Liste könne – basierend auf dem Vorbild der UN und NATO – ein einheitliches Regelwerk für EU-Institutionen folgen, die private Sicherheitsfirmen zum Schutz von EU-Missionen und -Angestellten nutzen. Rechtsschutz für die Opfer von Menschenrechtsverletzungen ist darin jedoch nicht enthalten.