Wenn sich im Juni dieses Jahres die Vertreter nationaler Regierungen, Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen in Genf zur IAO-Weltbeschäftigungskonferenz treffen, werden sie mit einem Dokument konfrontiert, das bisher in keinem Lager große Freude ausgelöst hat. Die Hauptursache für die gedämpfte Stimmung bei allen Beteiligten ist darin zu sehen, dass hier innerhalb des UNO-Systems erstmals der Versuch unternommen wird, die Problematik von Beschäftigung, Einkommensverteilung, sozialem Fortschritt und internationaler Arbeitsteilung nicht nur in einem weltweiten programmatischen Zusammenhang zu sehen, sondern auch konkrete Hinweise zu geben, wie diese Probleme auf internationaler und nationaler Ebene anzupacken sind. Dieser Versuch, der den durch die UNO-Strategie vorgegebenen Rahmen inhaltlich konkret ausfüllen und auch modifizieren will, bereitet notwendigerweise Kopfschmerzen: die ›Stunde der Wahrheit‹ bedeutet für westliche und sozialistische Industrieländer, ebenso wie für die Dritte Welt, dass das Problem des Jahrhunderts, das uns noch über mehrere UNO-Entwicklungsdekaden beschäftigen wird, erhebliche materielle Opfer, politische Veränderungen und viel Geduld von allen Beteiligten verlangt.