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Weltfriedenstag der Vereinten Nationen: seine Symbolik und Bedeutung in der Agenda 2030

Am 21. September begehen wir den „Internationalen Friedenstag der Vereinten Nationen“. Warum ist es wichtig, in diesem Kontext, Bezug zur Agenda 2030 zu nehmen? Regine Mehl vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik sagt: Die Agenda 2030 formuliert anspruchsvolle Eckpunkte für die Friedensfrage. Um dem Friedensziel ein starkes Fundament zu verleihen, müssen insbesondere die in der Agenda 2030 eingeforderten Partnerschaften eingegangen und Kohärenz zwischen den Zielen geschaffen werden.

Logo des Weltfriedenstags

Bonn, 18.09.2017. Hand aufs Herz: Wer weiß, dass am 21. September der „Internationale Friedenstag der Vereinten Nationen“ begangen wird? Wichtig ist in diesem Kontext und an diesem besonderen Tag, Bezug zur Agenda 2030 zu nehmen: Sie formuliert anspruchsvolle Eckpunkte für die Friedensfrage.

21. September 1981: Symbolik ohne Folgen

1981 beschloss die UN-Generalversammlung, diesen Tag künftig als internationalen Friedenstag zu begehen. Hinter der Symbolik „Weltfriedenstag“ steckt die ewige Sehnsucht nach Frieden. Aber welche tatsächliche Rolle spielt der Welttag? Faktisch verbleiben seit Ende des Zweiten Weltkriegs Kriege und gewaltsame Konflikte – bezüglich ihrer Anzahl und ihrer brutalen Grausamkeit – auf stets ähnlich hohem Niveau. Kein Wunder also, dass der Weltfriedenstag im kollektiven Gedächtnis des globalen Geschehens kaum bzw. überhaupt keine Rolle spielt: Er wirkt wie die symbolische Resignation vor der Macht des Faktischen.

25. September 2015: Bedingungen für nachhaltigen Frieden in der Agenda 2030

Im Gegensatz dazu formuliert das 16. Nachhaltigkeitsziel (SDGs) der Agenda 2030 nicht mehr nur eine „Friedenssehnsucht“, sondern klopft anspruchsvolle Eckpunkte fest, an denen sich letztendlich alle 17 Ziele der Agenda zu orientieren haben:

„Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen.“ (SDG 16)

In Verbindung mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die in der Resolution das übergreifende Dach der Agenda 2030 bildet, wird in diesem einzigen Satz im Grunde der klassische Rahmen demokratischer Staatlichkeit als Voraussetzung für Frieden bzw. friedliches und gewaltfreies Zusammenleben formuliert; und ohne diese fundamentalen Koordinaten würde nicht zuletzt die Umsetzungsarbeit in den nationalen und regionalen Foren sowie auf den globalen Ebenen für alle anderen Ziele konterkariert werden.

Frieden auf Platz 16: Inhaltlich nachvollziehbar?

Man könnte der Meinung sein, dass es einerseits - aufgrund der geringen friedenspraktischen Folgen der letzten Jahrzehnte – für Frieden und Rechtsstaat, für stabile Institutionen und gute Regierungsführung „nur“ zu Platz 16 unter den SDGs gereicht hat. Und dass andererseits, aus diesem Grund auch das Friedensziel in der Präambel der Agenda 2030 lediglich den vorletzten Platz unter den Hauptzielen einnimmt. Mindestens ebenso gerechtfertigt ist jedoch eine andere Interpretation: Dieser zufolge ergibt sich der Stellenwert des 16. Ziels nämlich inhaltslogisch aus einer Kette hochkomplexer „Wenn-Dann“-Bedingungen, die vor allem aus der Präambel der Agenda 2030 ableitbar sind – und das liest sich so: (a) Erst wenn Armut und Hunger in der Welt besiegt worden sind; (b) erst wenn die natürlichen Ressourcen nachhaltig gesichert sein werden und der Klimawandel gestoppt wurde; (c) erst wenn die Menschen ein von Wohlstand und nachhaltigem Konsum geprägtes Leben führen können und sich der wirtschaftliche, soziale und technische Fortschritt in Harmonie mit der Natur vollzieht – erst dann können (d) Friedensordnungen aufgebaut werden und vor allem nachhaltig bestehen.

Frieden: auf dem Weg zu Platz 1?

Um diese „Wenn-Dann“-Logik zielführend ernst zu nehmen – nicht zuletzt aufgrund des enormen Zeitdrucks von nur noch 13 Jahren bis zum Jahr 2030 – empfiehlt es sich, den letzten Absatz der Präambel genau zu lesen, der ausdrücklich Querverbindungen zwischen den Agenda2030 Zielen einfordert. Daher empfiehlt sich für die Verhandlungen in den globalen und regionalen Gremien eine Zwei-Ebenen-Strategie:

Ebene 1: Die Verzahnung sachlicher Ebenen, die sich bezüglich des Friedensziels bedingen.

Ein Beispiel: Unterziel 16.4 „illegale Finanz- und Waffenströme“ muss sinnvollerweise mit Ziel 8 („nachhaltiges Wirtschaftswachstum“) sowie mit Ziel 17 („Technologie“) verzahnt und verhandelt werden. Kaum eine Technologie ist so wenig nachhaltig wie die Rüstung; sie konterkariert Nachhaltigkeit geradezu und dient entweder dem Drohungs- oder Tötungszweck.

Ebene 2: Die komplexen Dimensionen der in vielen Zielen angesprochenen Menschenrechte in engste Beziehung zu den Sachebenen bringen.

Ein Beispiel: Die in Punkt 36 der Agenda-Einleitung geforderte Entwicklung und Förderung eines „Ethos der Weltbürgerschaft“ muss sich an einer Umsetzung der Zielpunkte 16.a und 16.b („Antiterrorismus und Nichtdiskriminierung“) messen lassen. Komplexer geht es kaum, denn hier wird der Anspruch formuliert, dass die globale Lebensvielfalt mit einer auf Toleranz und Ausgleich und daher friedfertigen, ethisch-moralischen globalen Gesinnung versehen werden kann – einem Realitätscheck hält das kaum Stand.

Um dem Friedensziel ein starkes Fundament zu verleihen, müssen die in der Agenda ausdrücklich eingeforderten Partnerschaften zwischen den Zielen eingegangen werden. Dies wird gleichwohl – ähnlich wie beim Klimaziel – zu einer gigantischen Herausforderung werden. In Abkehr von aller Symbolik jedoch hätte der „Weltfriedenstag“ der Vereinten Nationen dann endlich die Berechtigung, ein populärer zu werden.

 

Regine Mehl, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)

Der Text wurde ursprünglich in "Die Aktuelle Kolumne" des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE) veröffentlicht.

Das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik (DIE) zählt weltweit zu den führenden Forschungsinstituten zu Fragen globaler Entwicklung und internationaler Entwicklungspolitik. Das DIE berät auf der Grundlage unabhängiger Forschung öffentliche Institutionen in Deutschland und weltweit zu aktuellen Fragen der Zusammenarbeit zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Im Rahmen einer Zusammenarbeit mit dem DIE veröffentlichen wir die "Aktuellen Kolumnen" mit UN-Bezug auch auf den Portalen der DGVN.