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"Pünktlich und vollständig" – Theorie und Praxis klaffen deutlich auseinander

Alle Jahre wieder wird eine sogenannte "Ehrenliste" (Honour Roll) veröffentlicht, auf der diejenigen Mitgliedstaaten aufgeführt werden, welche ihren Beitrag zum ordentlichen Haushalt der Vereinten Nationen pünktlich und vollständig gezahlt haben. Eine Mehrzahl der UN-Mitgliedstaaten verstößt gegen die eigene Finanzordnung und überweist ihre Beiträge nicht bis zum festgesetzten Stichtag. Auch Deutschland ist im Jahr 2016 erneut nicht unter den 27 Mitgliedstaaten, die auf dieser Liste zu finden sind, sondern befürwortet eine Ratenzahlung.

Anteil der pünktlichen und vollständigen Zahlungen am ordentlichen UN-Haushalt (© Klaus Hüfner)
Anteil der pünktlichen und vollständigen Zahlungen am ordentlichen UN-Haushalt

Alle Jahre wieder wird eine sogenannte "Ehrenliste" (Honour Roll) veröffentlicht, auf der diejenigen Mitgliedstaaten aufgeführt werden, welche ihren Beitrag zum ordentlichen Haushalt der Vereinten Nationen pünktlich und vollständig gezahlt haben.

Eigentlich sollten nach den Vorschriften der UN-Finanzordnung alle Mitgliedstaaten ihren Jahresbeitrag innerhalb von 30 Tagen nach der Aufforderung durch das UN-Generalsekretariat gezahlt haben. Stichtag ist in diesem Jahr der 7. Februar gewesen. Gegenüber dem Vorjahr fiel das Ergebnis nicht ganz so mager aus. Die Zahl der Mitglieder, die ihre Pflicht erfüllten, stieg von 25 auf 27. Im Jahr 2014 sind es sogar nur 20 Staaten gewesen. Zwar veröffentlicht der Beitragsausschuss (Committee on Contributions) die absoluten Beiträge, die von den Mitgliedstaaten vollständig eingezahlt wurden, nicht aber die prozentualen Anteile am ordentlichen UN-Haushalt. In diesem Jahr haben die 27 Staaten insgesamt einen Anteil von 11,095 Prozent aufgebracht. 2015 sind es insgesamt nur 8,279 Prozent gewesen.

Im Jahr 2016 waren die größten pünktlichen Beitragszahler Kanada mit 2,921 und Australien mit 2,337 Prozent, gefolgt von der Schweiz mit 1,140 Prozent, Schweden mit 0,956 Prozent und Norwegen mit 0,849 Prozent. Diese fünf Staaten trugen insgesamt 8,203 Prozent zum ordentlichen UN-Haushalt bei. Ein Blick auf die 28 EU-Staaten zeigt, dass von ihnen 2016 acht Staaten mit insgesamt 2,233 Prozent zu den pünktlichen Zahlern gehörten. In sieben Fällen sind es dieselben Staaten wie im Jahre 2015 gewesen.

Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass gegenüber 2015 sowohl die Zahl der pünktlichen Beitragszahler als auch ihr prozentualer Anteil leicht angestiegen ist. Das muss nicht immer der Fall sein. So haben im Jahr 2014 die 20 Beitragszahler immerhin insgesamt 10,652 Prozent eingezahlt - ein Anteil, der nahe an den Prozentsatz von 2016 kommt.

Abbildung 1 zeigt die Entwicklung seit 1991 auf. Sie macht deutlich, dass die Zahl der pünktlichen Beitragszahler deutlich schwankte; sie stieg von zunächst 9 auf 43 Staaten im Jahre 2000 an, stagnierte dann bis 2006 auf hohem Niveau und begann danach tendenziell zu sinken. In dem Zeitraum 1991 bis 2016 lag der Anteil am ordentlichen UN-Haushalt in vier Jahren jeweils unter 10 Prozent. Der Höhepunkt wurde im Jahre 2006 erreicht, als 40 Mitgliedstaaten insgesamt 23,40 Prozent pünktlich gezahlt haben.

Ein Blick auf die pünktlichen Beitragszahler macht deutlich, dass einige Staaten in den meisten Jahren auf der Liste auftauchten. Neben Australien, Kanada und Neuseeland waren es die skandinavischen Staaten, ferner Irland, Kuwait, Lichtenstein, Luxemburg, Monaco, Österreich und auch Russland. Besonders hervorzuheben ist, dass Irland und Kanada stets pünktlich und vollständig gezahlt haben.

Deutschland zahlt seinen Pflichtbeitrag in zwei Raten, davon die erste im Januar eines jeden Jahres. Die zweite Rate wurde in den meisten Fällen in der Jahresmitte gezahlt, in einigen Jahren bereits im März oder - wie zwischen 2011 und 2015 - im April. Dabei wird wie folgt argumentiert: (1) Die Vereinten Nationen benötigen die Beiträge aller Mitgliedstaaten nicht bereits im Januar für das gesamte Jahr; (2) Im Interesse des deutschen Steuerzahlers muss der Staat mit den Ausgaben sparsam umgehen und entsprechende Zinserträge erwirtschaften. Da die Pflicht-Beiträge für den ordentlichen UN-Haushalt in US-Dollar zu entrichten sind, taucht allerdings stets der Wechselkurs als eine unbekannte Größe auf, so dass spätere Zahlungen selbst bei Zinsgewinnen teurer werden können.

Ein Problem bleibt auf jeden Fall ungelöst: Warum verstößt die Mehrzahl der 193 UN-Mitgliedstaaten ständig gegen die eigene Finanzordnung? Warum gibt es keine Initiativen, um zum Beispiel eine Zahlungsweise in Raten einzuführen. Das bisherige Verfahren trägt nicht gerade zur Vertrauenswürdigkeit gegenüber den Vereinten Nationen bei.

Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass die oben genannte Ehrenliste fortgeführt wird. Im Februar 2016 haben weitere 18 Mitgliedstaaten ihre Pflicht-Beiträge gezahlt, darunter China als erstes der ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats und mit 7,921 Prozent drittgrößter Beitragszahler zum ordentlichen UN-Haushalt.

Prof. Dr. Klaus Hüfner, Mitglied im DGVN-Präsidium


Weiterführende Information:

Klaus Hüfner (2015): "Mehr Verantwortung übernehmen. Zum deutschen Finanz-Engagement in den Vereinten Nationen 1991–2013"
(Flyer | Inhaltsverzeichnis)

 


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